2.1. Allgemeines
 

2.1. Allgemeines

Besonders in der linguistischen Teildisziplin der Dialektologie - und hier vor allem im Bereich der Dialektlexikologie - sind semasiologische und onomasiologische Fragestellungen von großer Bedeutung.

In der Regel geht dabei ein Dialektwörterbuch wie z.B. das Pfälzische Wörterbuch oder das Rheinische Wörterbuch, ähnlich wie die gegenwartssprachlichen Bedeutungswörterbücher (wie z.B. Duden - Großes Wörterbuch), semasiologisch vor, d.h. unter einem mehr oder weniger standardsprachlich bzw. hochsprachlich normalisierten und alphabetisch angeordneten Eintrag (Lemma) findet man die verschiedenen Bedeutungen eines Ausdrucks in einem Dialektgebiet aufgelistet.

Aber bereits bei der Sammlung von Sprachdaten und der Befragung der Dialektsprecher nach der Bezeichnung von Begriffen wurde schnell klar, dass es im Dialekt - gemäß dem Prinzip der Onomasiologie - verschiedene Ausdrücke für ein und denselben Begriff gibt, z.B. im Pfälzischen für den Begriff ‚Marienkäfer' die Ausdrücke "Hansebibche", "Gehansbibche", "Herrgottstierche", "Hansgebiebche", "Herrgottskäferle", "Liebherrgottsvegelche" usw. (vgl. PfWb Bd. III, Sp. 875). Aber trotz dieser sprachlichen Vielfalt, selbst bei kleinräumigen Untersuchungen, stellt sich häufig heraus, dass - aus Gründen der Sprachökonomie -bestimmte "Normalbezeichnungen" innerhalb eines Gebietes dominieren, die häufiger als andere Ausdrücke bei den Befragungen angegeben werden (wie z.B. der Ausdruck "Hansgebiebche" im Raum Kaiserslautern).

Um den onomasiologischen Zusammenhängen genüge zu leisten, enthalten viele semasiologische Dialektwörterbücher u.a. eine Auflistung von Synonymen innerhalb des entsprechenden Artikels, direkte Verweise auf andere Artikel (z.B. von Komposita auf Grundwörter und umgekehrt) oder wie z.B. im Falle des Thüringischen Wörterbuchs sog. "Zentralartikel", die neben einer umfassenden Synonymensammlung auch umfassende sachliche und volkskundliche Erläuterungen (vgl. Artikel ‚Libelle' im ThürWb, Bd. IV, Sp. 256f.) und gelegentlich auch Abbildungen wiedergeben. Die meisten Dialektwörterbücher enthalten darüber hinaus auch Wortkarten, um die onomasiologische Ausdrucksvielfalt innerhalb eines geographischen Raumes zusätzlich zu dokumentieren. Für den "Deutschen Wortatlas" (DWA) wurden solche Wortkarten sogar für den gesamten deutschen Sprachraum erstellt.

Neben den semasiologischen Dialektwörterbüchern entstanden besonders im niederländischen Raum onomasiologische Wörterbücher (z.B. Woordenboek van de Limburgse dialecten (1982ff.)), die allerdings nach Sach- und Begriffsgruppen angeordnet sind (z. B. Terminologie des Ackerbaus, bestimmter Berufe usw.). Auch wenn diese onomasiologischen Wörterbücher die Sprachvielfalt eines Raumes besser dokumentieren, sind sie aufgrund dieserAnordnung doch recht schwer benutzbar und enthalten in der Regel im Vergleich zu semasiologischen Wörterbüchern nur spärliche Angaben zur Phraseologie, Etymologie, Wortgeschichte oder Sach- und Volkskunde.

Das ideale Dialektwörterbuch, das ein möglichst vollständiges Bild der Sprache eines Dialektgebietes vermitteln will, sollte dementsprechend beide Vorgehensweisen kombinieren und daher sowohl onomasiologisch als auch semasiologisch ausgerichtet sein.